Blindflug im Herbst: Jeder dritte Autofahrer zweifelt an eigener Sehleistung, aber schlechte Sicht verlängert Reaktionszeit und erhöht Unfallgefahr
Regen, Nebel, Dämmerung und blendende Scheinwerfer stellen die Augen im Herbst besonders auf die Probe. Wer schlecht sieht, reagiert zu spät und gefährdet sich und andere. Laut aktueller Allensbach-Brillenstudie zweifelt rund ein Drittel der Pkw-Fahrenden an der eigenen Sehleistung. Trotzdem verzichten viele über Jahre auf einen Sehtest. Das Kuratorium Gutes Sehen (KGS) rät deshalb: Augen mindestens alle zwei Jahre im TÜV-Rhythmus prüfen lassen.
Viele wissen um ihre Sehdefizite, handeln aber nicht
In Deutschland sind zwei Drittel der Autofahrenden auf eine Brille angewiesen. Dennoch verlässt sich ein erheblicher Teil auf veraltete Korrektionswerte. Laut aktueller Allensbach-Brillenstudie ist nur gut die Hälfte der Brillentragenden überzeugt, dass ihre Sehleistung bei einer Kontrolle ausreichen würde. Über ein Viertel zweifelt bereits an der eigenen Sehkraft.
Auch ohne Brille ist die Lage nicht besser: Zwar halten sich die meisten für fahrtauglich, doch jeder Sechste rechnet damit, einen Sehtest nicht zu bestehen. Besonders auffällig: Unter den 45- bis 49-Jährigen haben in den vergangenen drei Jahren nur knapp vier von zehn Personen einen Sehtest gemacht. Doch in diesem Lebensabschnitt lässt die Sehkraft häufig unbemerkt nach.
Gefahr durch verspätete Reaktion
Wer schlechter sieht, nimmt wichtige Details im Straßenverkehr häufig zu spät wahr. Besonders bei Regen, Nebel oder tief stehender Sonne werden andere Verkehrsteilnehmende zu spät erkannt. Auch Schilder und Fahrbahnmarkierungen geraten leicht aus dem Blick. Im Ernstfall zählt jede Sekunde. Bei Tempo 50 entspricht eine verspätete Reaktion 14 Meter Blindflug, bei 130 km/h sind es 36 Meter. Auf nasser Fahrbahn kann sich der Bremsweg sogar verdoppeln.
Irrtümer im Faktencheck
„Nur Ältere sehen schlecht.“ Falsch. Auch junge Erwachsene sind gefährdet. Immer mehr Menschen entwickeln Kurzsichtigkeit erst nach der Führerscheinprüfung.
„Nachtblindheit heißt: kein Autofahren im Dunkeln.“ Das trifft nur selten zu. Wer bei Dämmerung und Dunkelheit unsicher ist, sollte die Ursachen abklären lassen. In vielen Fällen steckt eine korrigierbare Sehschwäche oder erhöhte Blendempfindlichkeit dahinter.
„Gutes Sehen ist Privatsache.“ Stimmt so nicht. Laut Fahrerlaubnisverordnung ist jede Person selbst dafür verantwortlich, die eigene Fahrtauglichkeit regelmäßig zu prüfen. Wer schlecht sieht und einen Unfall verursacht, trägt Mitschuld.
Tipps für bessere Sicht im Herbst
- Sehkraft prüfen lassen: Alle zwei Jahre im Augenoptikbetrieb oder in der Augenarztpraxis, ab 60 besser jährlich. Erste Hinweise liefern kostenfreie Online-Sehtests, z. B. auf www.seh-check.de.
- Brillengläser optimieren: Spezielle Autofahrergläser mindern Blendung, verstärken Kontraste und erleichtern den Blickwechsel zwischen Straße und Navigationssystem. Entspiegelte oder polarisierende Gläser erhöhen die Sicherheit bei Nässe und Dämmerung.
- Trockene Augen vermeiden: Bei längeren Fahrten öfter blinzeln, Pausen einlegen und bei Bedarf Benetzungstropfen nutzen.
- Sonnenbrille bereithalten: Tönungen reduzieren die Lichtintensität, ein Polarisationsfilter verhindert zusätzlich Blendung durch Reflexionen auf nassen Straßen und bei tief stehender Sonne. Empfehlenswert ist Tönungsstufe zwei oder drei; Stufe vier ist im Straßenverkehr verboten. (Kuratorium Gutes Sehen e.V.)



